Vergleich unterschiedlicher Beratungsansätze

Psychologische Beratung bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten, Menschen in unterschiedlichen Lebensbereichen zu unterstützen. Dabei gibt es nicht den einen richtigen Ansatz, sondern eine Vielzahl von Methoden, die je nach Situation und individuellen Bedürfnissen zum Einsatz kommen können. In diesem Blogartikel werfen wir einen Blick auf einige der bekanntesten Beratungsansätze und ihre Besonderheiten.

Kognitiv-behavioraler Ansatz

Der kognitiv-behaviorale Ansatz geht davon aus, dass unsere Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen eng miteinander verknüpft sind. Negative Denkmuster können zu emotionalen Problemen und ungünstigen Verhaltensweisen führen. In der Beratung werden diese Muster identifiziert und hinterfragt, um neue, positive Denk- und Verhaltensweisen zu erlernen.

Die Wurzeln dieses Ansatzes liegen im Behaviorismus, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA entstand. Watson und Skinner gelten als zentrale Figuren dieser Bewegung. Die kognitive Wende in den 1960er Jahren führte zur Integration kognitiver Prozesse in den Behaviorismus und somit zur Entstehung des kognitiv-behavioralen Ansatzes. Wichtige Vertreter dieser Weiterentwicklung sind Ellis, Beck und Seligman.

Menschenbild: Der Mensch wird als lernendes und denkendes Wesen gesehen, dessen Verhalten durch Lernprinzipien (klassisches und operantes Konditionieren, Modelllernen) erklärt und verändert werden kann.

Problementstehung: erlerntes, dysfunktionales Verhalten aufgrund von Konditionierung und kognitiven Verzerrungen.

Beratungsziel: Veränderung dysfunktionaler Gedanken und Verhaltensweisen (Verhaltensmodifikation, kognitive Umstrukturierung, Problemlösung.), um psychische Probleme zu lösen.

Beratungsmethoden: Funktionale Analyse, operante Methoden, Konfrontation, Rollenspiele, kognitive Umstrukturierung, etc.

Vorteile: Klar strukturiert, zielorientiert, breite Evidenzbasis, vielfältige Techniken.

Nachteile: Eher problemorientiert, kann kognitiv anspruchsvoll sein, Gefahr der Überbetonung von Kognitionen.

Fazit: Der kognitiv-behaviorale Ansatz ist besonders nützlich bei konkreten Problemen und Verhaltensänderungen.

Klienten-zentrierter Ansatz

Im klientenzentrierten Ansatz steht die Beziehung zwischen Berater*in und dir im Mittelpunkt. Der oder die Beraterin schafft eine Atmosphäre von Akzeptanz und Empathie, in der du dich öffnen und eigene Lösungen finden kannst. Der Fokus liegt auf den Stärken und Ressourcen, nicht auf den Problemen.

Entwickelt wurde dieser Ansatz von Rogers in den 1940er Jahren. Er entstand als Gegenentwurf zur Psychoanalyse und zum Behaviorismus und bildet einen Grundpfeiler der Humanistischen Psychologie.

Menschenbild: Der Mensch strebt nach Selbstverwirklichung und Wachstum. Er besitzt die Fähigkeit zur Selbstheilung und Veränderung, wenn die Bedingungen dafür stimmen.

Problementstehung: Inkongruenz zwischen Selbstkonzept und organismischer Erfahrung.

Beratungsziel: Schaffung einer unterstützenden und akzeptierenden Atmosphäre, in der du eigene Lösungen finden kannst.

Beratungsmethoden: Aktives Zuhören, Empathie, bedingungslose positive Wertschätzung, Kongruenz (Echtheit), etc.

Vorteile: Stärkt die Autonomie, fördert Selbstvertrauen und Selbstakzeptanz.

Nachteile: Weniger strukturiert, kann für manche zu wenig direktiv sein, erfordert hohe Beraterkompetenz.

Fazit: Der klientenzentrierte Ansatz eignet sich gut für die Förderung von Selbstreflexion und persönlichem Wachstum.

Systemischer Ansatz

Der systemische Ansatz betrachtet den Menschen als Teil eines größeren Systems, wie Familie oder Arbeitsumfeld. Probleme werden nicht isoliert betrachtet, sondern im Kontext des Systems analysiert. Der oder die Beraterin unterstützt dich dabei, neue Perspektiven einzunehmen und Veränderungen im System anzustoßen.

Die Ursprünge dieses Ansatzes liegen in der Arbeit der Palo-Alto-Gruppe um Bateson in den 1950er Jahren. Die Gruppe untersuchte menschliche Kommunikationsmuster und legte den Grundstein für die Anwendung systemischen Denkens in der Psychologie und Therapie.

Menschenbild: Der Mensch ist Teil eines größeren Systems (Familie, soziale Gruppe, Organisation). Das Verhalten wird durch die Dynamik und Interaktionen innerhalb des Systems beeinflusst.

Problementstehung: Gestörte Systemdynamik, zirkuläre Prozesse.

Beratungsziel: Veränderung der Systemdynamik, Lösung des Problems im Kontext des Systems.

Beratungsmethoden: Zirkuläre Fragen, Reframing, paradoxe Interventionen, Genogramme, Familienaufstellungen, etc.

Vorteile: Berücksichtigt den sozialen Kontext, ressourcenorientiert, lösungsorientiert.

Nachteile: Kann komplex sein, erfordert gute Systemkenntnisse, weniger geeignet für intrapsychische Probleme.

Fazit: Der systemische Ansatz ist hilfreich bei Problemen, die in Beziehungen und Interaktionen entstehen.

Lösungs-orientierter Ansatz

Der lösungsorientierte Ansatz konzentriert sich auf deine Zukunft und die gewünschten Ziele, anstatt sich in der Vergangenheit und den Problemen zu vergraben. Der oder die Berater*in hilft dir, deine Ressourcen zu erkennen und konkrete Schritte zur Lösung zu entwickeln.

Dieser Ansatz wurde in den späten 1960er Jahren von de Shazer entwickelt. Er basiert auf der systemischen Sichtweise und wurde von der Kurztherapie Milton Ericksons inspiriert.

Menschenbild: Der Mensch ist kompetent und verfügt über Ressourcen, um seine Probleme zu lösen. Der Fokus liegt auf den Stärken und Lösungen, nicht auf den Problemen und Defiziten.

Problementstehung: Dysfunktionale Wirklichkeitskonstruktionen.

Beratungsziel: Entwicklung neuer, lösungsorientierter Sichtweisen und Verhaltensweisen.

Beratungsmethoden: Wunderfrage, Skalierungsfragen, Ausnahmefragen, Komplimente, Hausaufgaben, etc.

Vorteile: Ressourcenorientiert, lösungsorientiert, kurzzeitfokussiert, stärkt die Selbstwirksamkeit.

Nachteile: Weniger geeignet für tiefgreifende Probleme, kann oberflächlich wirken, wenn nicht sorgfältig angewandt.

Fazit: Der lösungsorientierte Ansatz legt den Fokus auf Ressourcen und Lösungen, anstatt sich auf Probleme zu konzentrieren.

Welcher Ansatz ist der richtige für mich?

Die Wahl des passenden Beratungsansatzes hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Art des Problems, den individuellen Bedürfnissen und den persönlichen Präferenzen (weitere Faktoren siehe Vergleich oben). In der Regel ist es sinnvoll, verschiedene Ansätze zu kombinieren. Besonders Berater*innen, die integrativ ausgebildet sind, können dir dabei helfen, den für dich richtigen Weg und die passenden Methoden zu finden.

Fazit

Die verschiedenen Beratungsansätze bieten eine breite Palette an Möglichkeiten, Menschen in schwierigen Situationen zu unterstützen. Ob du mit Sorgen, Beziehungsproblemen oder beruflichen Herausforderungen konfrontiert bist, es gibt verschiedene Ansätze, die dir helfen können, deine Ziele zu erreichen und ein erfüllteres Leben zu führen.

Quellen:

  • Boeger, A. (2018). Psychologische Therapie- und Beratungskonzepte. Stuttgart: Kohlhammer.

  • Ellis, A. & MacLaren, C. (2015). Rational-Emotive Verhaltenstherapie. Paderborn: Junfermann.

  • Faltermaier, T. (2007). Gesundheitsberatung. In: F. Nestmann, F. Engel & U. Sickendiek (Hrsg.), Das Handbuch der Beratung. Bd. 2: Ansätze, Methoden und Felder (S. 1063-1081). Tübingen: dgvt-Verlag.

  • Hintenberger, G. & Kühne, S. (2011). Psychosoziale Online-Beratung im Überblick. Psychotherapie im Dialog - Internet in Psychotherapie und Beratung, 12(2), 113-118.

  • McLeod, J. (2004). Counselling - Eine Einführung in Beratung. Tübingen: dgvt-Verlag

  • Rogers, C. R. (2020). Entwicklung der Persönlichkeit. Stuttgart: Klett-Cotta

  • Schlippe, A. v. & Schweitzer, J. (2016). Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung I: Das Grundlagenwissen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

  • Yalom, I. D. (2019). Theorie und Praxis der Gruppenpsychotherapie. Stuttgart: Klett-Cotta.


Hinweis: Dieser Blogartikel dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle Beratung. Wenn Du Dich in einer schwierigen Lebenssituation befindest, suche bitte professionelle Hilfe auf.

Die Abgrenzung zwischen Therapie und Beratung ist in Deutschland gesetzlich klar definiert. Psychotherapie befasst sich mit der Behandlung von psychischen Störungen, die einen Krankheitswert haben und erfordert eine Approbation. Sie ist im Bereich der Heilkunde angesiedelt und kann gg.f über Krankenkassen abgerechnet werden. Beratung hingegen konzentriert sich auf die Unterstützung bei Lebenskrisen, in denen die Bewältigungsfähigkeiten des Einzelnen überfordert sind. Berater*innen benötigen keine Approbation, ihr Beruf ist nicht gesetzlich geschützt. Die Grenzen zwischen Therapie und Beratung können jedoch verschwimmen, da beide auf ähnlichen Methoden basieren und manchmal ineinander übergehen können.

 
Zurück
Zurück

Tiergestütztes Coaching für Erwachsene

Weiter
Weiter

Achtsamkeit: 6 Alternativen zur Meditation